"Das Genie hatte zwei Häupter. Mein Vater hatte einen Doppelgänger,
einen weiblichen Doppelgänger, eine tote Doppelgängerin, er hatte
ein Gespenst zur Doppelgängerin. Denn war meine Tante eine
Heilige, doch, ja, so war sie außerdem ein Double meines Vaters, dem
sie wie ein weiblicher Zwilling glich.
Für mich ein schreckenerregendes Double, da ich ihm so ähnlich
sah. Ich glich der Doppelgängerin meines Vaters."
Sylvie Weil, Tochter des überragenden Mathematikers André Weil und Nichte der nicht weniger berühmten Philosophin, politischen Aktivistin und Mystikerin Simone Weil, gibt in ihrem Erinnerungsbuch Einblicke in das Familienleben der Weils. Ohne übertriebene Ehrfurcht, in einer unverstellten, unsentimentalen Sprache und mit augenzwinkerndem Humor schildert sie denkwürdige, heitere, anrührende und auch schmerzhafte Episoden aus dem Leben ihrer Angehörigen, läßt die starken und vielschichtigen Bande zwischen ihnen spürbar werden und kommentiert und ironisiert die mit schwärmerischen Bewunderern ihrer Tante gemachten Erfahrungen. Gewebt aus vielfältigen Erlebnissen, Reflexionen und Wünschen, gerät dieses Buch gleichsam zu einer Selbstvergewisserung und -verortung der Autorin innerhalb dieser, ihrer Familie.