Vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Wien exemplarisch für einen beinahe explosionsartigen Urbanisierungsprozess. Zuwanderer aus allen Teilen der Monarchie und darüber hinaus machten Wien zu einer der größten Städte der Welt, und die Einwohnerzahl lag zur Jahrhundertwende sogar höher als heute. Weder der Wohnbau noch die städtische lnfrastruktur konnte mit diesem Wachstum Schritt halten, und auch die städtische Bürokratie war oft heillos überfordert.
Ausgehend vom Großraum Wien werden die administrativen und städtischen Gegebenheiten im Hinblick auf die identitätslosen Toten angesprochen. Eingebettet in diesen Rahmen folgt eine Analyse des Lebensraums Donau, der Binnenmigration und die daraus entstehenden urbanen Subkulturen, die schließlich zur Darstellung der Randgruppen und Parallelgesellschaften überleiten. Auf dieser Basis erfolgt die Datenauswertung, deren Ergebnisse in Diagramme einfließen.
Zeitlich wird dieses Identitätslosigkeit besonders in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sichtbar, in dem Wien zur Großstadt wird, aber gleichzeitig die sozialen Sicherungsnetze diesem gesellschaftlichen Modernisierungsschub nachhinken.
Prägnant werden die Parameter des Lebens der dominanten sozialen Unterschicht herausgearbeitet, das Leben am und mit dem Strom exemplarisch skizziert, um schließlich die ,,Stadtentwicklung von unten", das informelle Leben in den Donauauen zu fokussieren. Daran knüpfen die Überlegungen zu Randgruppen und Parallelgesellschaften an, in denen durchaus anarchistische Ansätze einer Selbstverwaltung jenseits obrigkeitsstaatlicher Kontrolle aufgezeichnet werden.
Der Weg in die Identitätslosigkeit wird als ,,Kollateralschaden eines städtischen Transformationsprozesses" definiert, der die soziale Unterschicht betraf.
Der Autor ist promovierter Historiker, er studierte an den Universitäten Wien und Graz.