"Der Verwaltungsrat beschließt, dass das Fernsehen in vorsichtiger Form zunächst auf der Basis von Versuchssendungen betrieben werden soll."
Als der Verwaltungsrat des NWDR (Nordwestdeutscher Rundfunk) am 23./24. September 1950 beschließt einen Fernsehversuchsbetrieb in Hamburg aufzunehmen, wird im Protokoll der Sitzung der Beschluss mit dem Zusatz "in vorsichtiger Form" festgehalten.
Mit über fünfzig Jahren Abstand und Kenntnis der Situation des ersten Fernsehens in Deutschland, stolpert man über diesen Begriff, denn er scheint gerade zu symptomatisch für die Arbeitsbedingungen unter denen man zunächst Fernsehen machte, und die verhaltenen Erwartungen die manche von diesem Medium hatten. Wer beim Fernsehen arbeitete kam meistens vom Rundfunk, und wurde für seine Entscheidung zum Fernsehen zu gehen oft belächelt. So erinnert sich Andrea Brunnen-Wagenführ, die gemeinsam mit ihrem Mann Kurt Wagenführ die ersten 13 Jahre Fernsehgeschichte schriftlich festhielt: "Die dort Wirkenden wurden von den Hörfunkleuten kopfschüttelnd als halbe Irre betrachtet."
Diese Zurückhaltung dem neuen Medium gegenüber, diese bloß "vorsichtige Form" in der man sich auf die neue Sache einließ, ist Gegenstand dieser Hausarbeit: Warum stand man zunächst nur zögernd dem Fernsehen gegenüber? Wie konnte man in "vorsichtiger Form" am ersten Versuchsprogramm in einem Bunker auf dem Hamburger Heiligengeistfeld arbeiten? Ab welchem Zeitpunkt kann man einen Rückgang dieser Zurückhaltung bemerken? Diese Fragen sollen in dieser Reihenfolge erörtert werden, da dies die Möglichkeit bietet das Thema chronologisch zu bearbeiten. Um die Entwicklung des Fernsehens, zu der Zeit als es noch in "vorsichtiger Form" entstand, darzustellen ist ein chronologisches Vorgehen erforderlich.