Religion als kulturelles Deutungssystem ist ohne Bezug zum Phänomen "Leben", das sich in unterschiedlichsten Lebensstilen artikuliert und darstellt, nicht denkbar. Dass Leben im Vollzug immer schon vorausgesetzt und dabei zugleich von vorgängiger Selbstvertrautheit und Entzogenheit bestimmt ist, drängt in religiöse Deutungen. Die brisante Dynamik der Entwicklungen auf den Gebieten der als 'life-sciences' apostrophierten Wissenschaften, insbesondere der Bio- und Gentechnologie und der mit ihr verbundenen bioethischen Diskurse, der Informatik und der Auffassung des Lebens als Informationsvermittlung, führt jedoch zu bedeutsamen Veränderungen in der kulturellen Wahrnehmung und Deutung des Lebens, die auch in theologischer Perspektive neue Interpretationsbemühungen fordern. In der Praktischen Theologie wird die Programmformel "gelebte Religion wahrnehmen" immer stärker ausdifferenziert, indem Phänomenbereiche, die sich mit Lebens-Komposita wie Lebenssinn, Lebensstil, Lebensgeschichte, Lebenswelt usw. verbinden lassen, in der Selbstreflexion des Faches und der Konstruktion seiner Handlungsfelder eine bedeutsame Rolle spielen. Der vorliegende Band stellt die systematisch-theologischen und praktisch-theologischen Diskurse zum "Leben" in den interdisziplinären Kontext der gesamtgesellschaftlichen Debatte um das Verständnis von Leben.