In Immanuel Kant als dem führenden Vertreter der philosophischen Aufklärung und dem Geisterseher Emanuel Swedenborg stehen sich zwei auf den ersten Blick ganz gegensätzliche Repräsentanten des 18. Jahrhunderts gegenüber. Zugleich war Swedenborg einer der wenigen Autoren, denen Kant eine eigene Schrift, die Träume eines Geistersehers, widmete. Die Kant- und die Swedenborgforschung haben seither kontrovers über die Bedeutung Swedenborgs für Kants kritische Philosophie diskutiert und dabei auch ganz unterschiedliche Ergebnisse hervorgebracht. Ist in den Träumen nur die radikale Abwendung Kants von Swedenborg und dem hinter ihm vermuteten philosophischen Rationalismus zu sehen? Kann von einer späteren Rehabilitierung Swedenborgs durch Kant gesprochen werden und wie wäre dieser Wandel zu beurteilen? Hat Kant Swedenborg nicht nur zurückgewiesen, sondern zugleich auch wichtige Elemente seiner Lehre übernommen? Oder muss Swedenborgs Rolle lediglich auf eine "Negativfolie" für die spätere Philosophie Kant reduziert werden? Im vorliegenden Band stellen Philosophen, Religionswissenschaftler, Theologen und Literaturwissenschaftler aus sechs Ländern ihre Deutungen des umstrittenen Verhältnisses zwischen Kants kritischer Philosophie und Swedenborgs "visionärem Rationalismus" vor.
Kant as the leading representative of the philosophical enlightenment and the seer Swedenborg, regarded as the father of modern esotericism, would appear at first sight to be two diametrically opposed 18th century figures. At the same time, Swedenborg was one of the few authors to whom Kant dedicated a work of his own- the Dreams of a Spirit-Seer. Since then, controversy has surrounded Swedenborg's significance for Kant's philosophical biography and the history of his works. In the present volume, philosophers, religious scholars, theologians and literary scholars from six countries present their- far from consensual- interpretations of the relationship between Kant's critical philosophy and Swedenborg's "visionary realism".